Lehre zur Verwaltungsassistentin

Die Krankheiten Mucoviszidose und Diabetes führen bei Frau L. W. (geboren 1998) zu einer starken Einschränkung der Lungenfunktion. Ihr erstes Lehrjahr am Gemeindeamt St. Marien in Oberösterreich absolviert Frau W. derzeit mit großem Engagement in der Abteilung Bürgerservice. Im Rahmen der integrativen Berufsausbildung mit verlängerbarer Lehrzeit kann sie trotz aller gesundheitlichen Einschränkungen, die für sie zum Alltag gehören, die Lehre absolvieren. Die Arbeitsassistenz „Jugend am Werk Steyr“ ist als Vermittlung und Unterstützung zwischen Berufsschule, Eltern und Arbeitgeber behilflich.

Arbeitsplatzbeschreibung

Frau L. W. ist im ersten Lehrjahr am Gemeindeamt in St. Marien in Oberösterreich. Es handelt sich dabei um eine integrative Berufsausbildung mit verlängerbarer Lehrzeit. Das Stundenausmaß wurde auf maximal 5 Stunden täglich, also 25 Wochenstunden, reduziert.

Frau L. W. arbeitet in der Gemeindeverwaltung im Team des Bürgerservice. Dort erledigt sie Administrationsarbeiten, vermittelt am Telefon, und übernimmt für ihre KollegInnen EDV-Arbeiten wie zum Beispiel die Erstellung von Listen und Tabellen. Auch Kassiertätigkeiten, zum Beispiel für Müllsäcke, Biotonnen und Einkaufsgutscheine, gehören im Bürgerservice zu den Aufgaben von Frau W. Die Berufsschule absolviert Frau W. in Linz. Dort besucht sie eine Integrationsklasse.

Firma

Die Gemeinde St. Marien hat 4700 EinwohnerInnen (Hauptwohnsitz). Zugleich ist sie flächenmäßig (nach St.Florian) die zweitgrößte Gemeinde des Bezirkes Linz-Land und hat sich mitten im oberösterreichischen Zentralraum seinen ländlichen Charakter bewahrt. Insgesamt hat St. Marien rund 30 GemeindemitarbeiterInnen. In der Verwaltung sind aktuell 13 MitarbeiterInnen tätig, davon eine Person in Karenz, und 5 Personen in Teilzeit. Die Gemeinde bildet derzeit drei Lehrlinge aus.

Planung und Umsetzung

L.W. wurde 1998 geboren. Die junge Frau hat zwei Krankheiten, die sie körperlich sehr stark einschränken. Die Stoffwechselerkrankung Mucoviszidose (auch zystische Fibrose genannt) führt bei Frau W. regelmäßig zu Hustenanfällen. Die Lungenfunktion ist stark eingeschränkt.

Neben der medikamentösen Behandlung sind täglich mehrmals Atem- und Inhalationstherapien notwendig. Zudem wurde eine Form von Diabetes bei Frau W. festgestellt. Die Krankheiten führen dazu, dass vom Bundessozialamt ein Grad der Behinderung von 60 Prozent festgestellt wurde.

Nachdem Frau W. die Hauptschule abgeschlossen hatte, fragte Frau W.s Mutter unter anderem beim Bürgermeister um einen Praktikumsplatz an. Im Rahmen dieses Praktikums zeigte Frau W. großes Interesse und viel Freude bei der Arbeit im Bürgerservice.

Der Bürgermeister und der Amtsleiter der Gemeinde St. Marien setzten sich 2014 das Ziel der jungen Frau die Chance auf eine für sie geeignete Lehrausbildung zu geben. Die Lehre zur Verwaltungsassistentin, die regulär drei Jahre dauert, kann im Rahmen der integrativen Berufsausbildung bei Bedarf verlängert werden.

Unterstützung

Das AMS unterstützt die integrative Berufsausbildung finanziell. Sowohl der Arbeitgeber als auch die Ausbildungseinrichtung (Berufsschule) bekommen eine finanzielle Unterstützung in Form eines monatlichen Pauschalbetrages. Dieser wird jährlich neu beantragt.  

Frau L. W. wird während ihrer gesamten Lehrzeit eine Berufsausbildungsassistentin zur Verfügung gestellt. Vor dem ersten Arbeitstag begleitete die Assistentin den Lehrling, die Mutter und die Lehrlingsbeauftragte des Gemeindeamts zu einem Gespräch mit der Direktorin der Berufsschule.

Zusätzlich bekommt Frau W. Unterstützung von einer Schulassistentin, die Frau W. regelmäßig an ihren Berufsschultagen hilft ihre Inhalationsgeräte zu reinigen und die ganzen Schulunterlagen von Klasse zu Klasse zu bringen.

Entwicklungspotential

Frau L. W. selbst ist äußerst zufrieden mit ihrer Arbeit. Ihr gefällt besonders das Arbeiten am Computer. Der soeben pensionierte Amtsleiter, der das Arbeitsverhältnis mit Frau W. noch eingeleitet hatte, sagt über sie: „Ich bin total zufrieden mit ihr. Sie ist verlässlich, freundlich und strahlt Fröhlichkeit aus, auch wenn es ihr manchmal gesundheitlich ganz schlecht geht.“

Frau W.s Lebenssituation ist immer stark vom gesundheitlichen Zustand abhängig. Auch die Lernsituation ist bei Frau W. durch ihren Gesundheitszustand und durch den Zeitaufwand für diverse Therapien beeinflusst. Der Vorgesetzte bezeichnet Frau W. diesbezüglich als engagiert und ehrgeizig. Schon in der Hauptschule sei sie eine gute Schülerin gewesen. „Als ich sie fragte, welche Noten sie in der Berufsschule anstrebt, sagte sie, sie arbeitet daran, dass sie lauter Einser bekommt.“ Ihr gesundheitlicher Zustand führt zwar zu krankheitsbedingten Fehlstunden, doch der Arbeitgeber ist zuversichtlich, dass Frau W. innerhalb von drei Jahren die Lehre abschließen wird.

(c) Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik an der Johannes Kepler Universität, Linz